(16) Was ist Educational Kinesiologie (Edu-K) oder auch Pädagogische Kinesiologie?

Dr. phil. Paul E. Dennison ist Pädagoge, Pionier im Bereich der angewandten Gehirnforschung und Experte für kognitive Fähigkeiten. Er widmete ein Leben der Freude am Lernen. Seine Doktorarbeit schrieb Paul Dennison über Lesenlernen und Gehirnentwicklung. Paul Dennison entwickelte die Educational Kinesiolgy. Diese Methode dringt tief in das Verständnis von Gehirnentwicklung und des Lernens ein. Es basiert auf dem Verständnis der Zusammenhänge von physischer Bewegung, Integration von Wahrnehmung und kognitiver Leistungsfähigkeit. Seine Förderprogramme entwickelte er auf dem Hintergrund der Gehirnforschung und der experimentellen Psychologie. Ein Teil des Edu-K ist das Brain-Gym®, Bewegungsübungen, die er zusammen mit seiner Frau Gail entwickelte.

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Das dynamische Gehirnmodell von Paul Dennison

Fokusdimension (vorne-hinten)

Arbeiten Hinter- und Vorderhirn zusammen, bin ich in meiner Mitte.

Behalte ich den Überblick und kann aufmerksam auch Details wahrnehmen?
Lebe ich zu sehr in der Vergangenheit, oder bin ich schon in der Zukunft und vergesse dadurch das Jetzt?

Paul Dennison, beschreibt die Focusdimension als Dimension der Aufmerksamkeit. Diese Dimension verbindet das klare Bewusstsein des Frontallappens mit unserem Hinterhirn. Hier sitzen unsere Überlebensreflexe, nämlich, um Gefahren zu vermeiden, zu erstarren und sich einfach unsichtbar zu machen.

Dennison beschreibt einen Sehnenschutzreflex. Bei Stress und Angst kann es sein, dass sich die Sehnen auf der Rückseite des Körpers zusammenziehen. Wir werden unfähig zu handeln. Wir vertrauen unserem Körper nicht mehr, sind unfähig, mit der Umwelt zu interagieren und uns auszudrücken. Auf neurologischer Ebene wird diese Dimension den Funktionen des Hirnstamms zugeordnet. Hier werden alle Körperfunktionen und einströmenden Sinnesreize koordiniert und weitergeschaltet.


Des Weiteren wird vom Hirnstamm der erste sensomotorische Regelkreis koordiniert. Das Kind lernt hier, durch einfache Globalmuster den Kopf der Geräuschquelle zuzuwenden, mit den Augen zu fixieren etc. Dieses Differenzierungslernen verfeinert sich im Laufe der Entwicklung des Kindes. Dies geschieht durch Reflexintegration, durch sensomotorische Integration, und das Kind lernt sich immer besser in der Gegenwart zu organisieren und mit seinem Körper sein Leben aktiv zu gestalten.


In unserem Alltag begegnen wir oft Kindern, die uns den Eindruck vermitteln, dass sie sich auf nichts richtig einlassen können. Alles muss schnell durchgeführt werden, sie sind ständig auf der Suche nach neuen Erfahrungen. In der Edu-Kinestetik bezeichnen wir diese Menschen als überfokussiert. Andere wiederum halten sich eher zurück, haben Probleme, den Überblick zu behalten, verlieren ständig das Ziel aus den Augen und können sich nur ungenügend im Hier und Jetzt organisieren. Diese Kinder lümmeln auf ihren Stühlen herum, und es scheint, als hätten sie wenig Motivation. Wir bezeichnen sie als unterfokussiert.

Der aktive, integrierte Fokus bezeichnet die Fähigkeit, locker, mit Leichtigkeit und voller Konzentration im Hier und Jetzt agieren zu können, das Wissen aus der Vergangenheit in der Gegenwart zu nutzen, auf Anforderungen angemessen zu reagieren und den Körper frei organisieren und nutzen zu können.

Zentrierungsdimension (oben-unten)

Die Zentrierungsdimension koordiniert die Zusammenarbeit unserer emotionalen Zentren im Mittelhirn (limbisches System) mit de cerebralen Kortex.

Hier entscheidet sich, ob ich von meinen Emotionen gesteuert werde oder aber, ob ich meine rationalen, abstrakten Denkfähigkeiten mit meinen Emotionen in Einklang bringen kann. Des Weiteren koordiniert diese Dimension den oberen und unteren Teil des Körpers. Diese Dimension hält uns in Balance und ermöglicht Bewegung und Denken. Unser Schwerkraftempfinden, unsere Haltungskontrolle sind hier angesiedelt.
Im balancierten Zustand zeichnet sich die Zentrierungsdimension durch folgende Fähigkeiten aus:

Ich bin ausgeglichen, aufrecht, kann klar denken und mich gut konzentrieren. Ich kann Gedankengängen leicht folgen, sie selbständig anpassen, mit Vergangenem abgleichen. ich fühle mich wohl und bin produktiv. Mutig und engagiert agiere ich aus meiner Mitte heraus. ich fühle mich wie ein Baum gut verwurzelt, besitze Standhaftigkeit, bewahre den Überblick und besitze eine positive Einstellung zum Leben. Außerdem kann ich mich emotional ausdrücken.

Sind wir nicht zentriert oder dysbalanciert, wirken wir chaotisch, verwirrt und zerstreut, können und nur ungenügend konzentrieren, verlieren den roten Faden und haben das Gefühl, überwältigt zu sein. Manche reagieren mit einer irrationalen Angst oder haben Schwierigkeiten, ihre Gefühle wahrzunehmen und auszudrücken. Für das Lernen und erfolgreiche Agieren im Miteinander stellt die Zentrierungsdimension die beste Möglichkeit dar, den Anforderungen des Alltags erfolgreich zu begegnen.

Lateralitätsdimension (links-rechts)

Mit Hilfe der Lateralitätsdimension bin ich in der Lage, meine beiden Körperseiten koordiniert miteinander in Verbindung zu setzen. Sie hilft uns, unsere Augen, Ohren und den ganzen Körper einzusetzen, um im Körpermittelfeld zu arbeiten. Diese Dimension ist für schulisches Lernen und Kommunikation ungeheuer wichtig, denn sie hilft uns, Logik und Gefühl in Verbindung zu bringen.

Im Gehirn werden dieser Dimension die linke und rechte Gehirnhälfte zugeordnet. Im Laufe der frühkindlichen Entwicklung werden Schwerpunkte in der Verteilung von Sensorik und Motorik entwickelt, aber auch die beiden Hirnhälften differenzieren sich in Ihren Aufgaben (s. Tabelle). Verbunden werden beide Seiten durch die Kommisurrenbahnen des Corpus Callosum. Dies stellt sicher, dass beide Hirnhälften miteinander kommunizieren können. Diese Kommunikation wird möglich, wenn die Nervenstruktur des Balkens myelinisiert, also ausgereift ist.


Die Lateralitätsdimension ermöglicht unter andrem, dass ich beim Schreiben mein Mittelfeld, der Bereich, bei dem die beiden visuellen Felder des Menschen sich überlappen, kreuzen kann, mich mühelos bewegen und mich ausdrücken kann.


Im integrierten Zustand erfasse ich das Gelesene mit Leichtigkeit und kann genau zuhören. Im dysbalancierten Zustand habe ich Schwierigkeiten, mich koordiniert zu bewegen, mich auszudrücken, verkrampfe leicht, verdrehe Buchstaben und kann nur ungenügend zuhören. Ich kann einströmende Informationen nur ungenügend integrieren und nicht miteinander verknüpfen und bin dadurch weniger leistungsfähig.

Alle drei Dimensionen müssen zum Wohle des Ganzen zusammenarbeiten.

Wenn die Rechte weiß, was die Linke tut, wenn ich weiß, was hinter mir liegt, kann ich beruhigt nach vorne gehen, und wenn ich Zugang zu meinem Körper und Gehirn habe, fühle ich mich ausgeglichen und lebe in der Gegenwart, mit einer integrierten Vergangenheit und einem mutigen Blick nach vorne in die Zukunft. (Wichtig werden diese Erkenntnisse vor allem auch im Bereich Lernen.)

Mit Hilfe Edu-kinestetischen und anderen kinesiologischen Förderprogrammen können diese drei Dimensionen auf natürlichem Wege aktiviert und gefördert werden. Dies wird immer nötiger, da die Lebenswirklichkeit der Menschen sich immer mehr von ihren natürlichen Anlagen entfernt und diese sich dadurch nicht ausbilden können. Dies kann wiederum der Grund für mannigfaltige Probleme sein.

Die Grundannahme, die hinter diesem Ansatz steht, ist die lebenslange Plastizität unseres Gehirns, die es uns ermöglicht, Adaption, Reorganisation und Kompensationsmechanismen zu entwickeln. Durch Dysstress wird die Adaptionsfähigkeit des gesamten Nervensystems jedoch stark beeinträchtigt.

Bei vielen Kindern unserer zivilisierten westlichen Welt ist es gerade die fehlende sensorische Stimulation (z.B: Gleichgewichtsleistung, die Fähigkeit, Gegenstände zu ertasten, den eigenen Körper und seine Ausmaße zu kennen), die dazu führt, dass sie alltäglichen Ansprüchen nicht mehr genügen können und so unter chronischen Stress geraten. Die Folge sind Deprivation und kompensatorisches Bewegungs- und Lernverhalten. Das Kind hat z.B. Schwierigkeiten, im Unterricht auf einem Stuhl zu sitzen und stressfrei zur Tafel zu schauen, wieder auf sein Heft zu blicken und das Gesehene in dieses zu übertragen (u.a. eine Gleichgewichtsleistung, zu wenig Haltungshintergrund, Schwierigkeiten in der visuellen Wahrnehmung, Auge-Hand-Koordination). Diese Kinder fallen oft durch unruhiges Herumrutschen auf dem Stuhl, Fehler beim Abschreiben etc. auf.

In der Kinesiologie nutzen wir diese Erkenntnisse und stimulieren mit speziell angepassten Übungen bestimmte Gehirnbereiche, um die Wahrnehmung des Kindes zu fördern.

Wenn wir die neuronale Landkarte eines entwicklungsverzögerten Kindes verändern wollen, wenn dieses etwas Neues lernen soll, ist es für die Begleitung von großer Bedeutung, dass sie immer in einem ruhigen, sicheren und angstfreiem Kontext geschehen sollte.

Längst nicht nur für Kinder eingesetzt

Die Pädagogische Kinesiologie wird längst nicht mehr nur für Kinder eingesetzt. Sie ist sehr gut geeignet für Senioren, in der Reha nach Schlaganfall oder Unfall, für geistig und körperlich eingeschränkte Personen.



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Brain-Gym®  und Reflexintegrationsübungen

Ich setze diese Übungen sehr häufig ein. Sei es für Babys und Kleinkinder zur Entwicklungsunterstützung, sei es bei Senioren mit Gangunsicherheiten. Ebenso profitieren Menschen, die nach dramatischen Ereignisssen "aus dem Tritt" geraten sind.

Willst Du mehr darüber wissen, wie man Kinder mit Pädagogischer Kinesiologie unterstützen kann?
Im Herbst startet ein Workshop zum Thema "Entwicklungs- und Lernprobleme bei Kindern. Hier kannst Du Dich für die Infopost anmelden. Hier➡


Fachartikel, wie diese, findest Du in meinem Mitgliederbereich, kostenlos. Hier➡

00029 Brain Gym Steigert
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